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Wer braucht den Hochstamm?

 
 

Autor:  Kurt Kuhn

Unter den Obstbauern gibt es regelmäßig die Frage, wie lange der Stamm eines Obstbaumes sein soll. Da wir bei der Sammelbestellung oftmals Interessenten mit Streuobstwiesen haben, glaube ich, dass mein kleiner Aufsatz dazu für sie interessant sein könnte.

Beginnen wir mit zwei Zitaten aus dem NABU-Streuobst-Rundbrief 4/2013:

„Es ist zu hoffen, dass Naturschutz und Landschaftsbild bei dem Projekt (weiterhin) eine große Rolle spielen, so dass der Hochstamm als zentraler Bestandteil des Projektes gesichert wird und bleibt – damit bei dieser exzellenten Idee die Ökologie auch vor Ort ihre Bedeutung behält“.

„Unverständlich, dass auch Halbstämme gefördert werden! Für die landwirtschaftliche Nutzung hinderlich und lästig – egal ob Mahd oder Beweidung – sowie für Spechthöhlen untauglich und damit aus Naturschutzsicht nicht wünschenswert“.

Es reicht also nicht, dass der Hochstamm hochgejubelt wird, im zweiten Zitat wird der Halbstamm sogar noch verteufelt. Und das vom NABU!

Welche Position die Politik und die Behörden vertreten, findet man z.B. auf der Internetseite des Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz des Saarlandes. Dort wird klar gemacht, dass von der EU (und dem Saarland) nur Bäume mit einer Stammhöhe von 1,80 Meter gefördert werden. Na, da sind sich Naturschutz und Politik schon mal einig geworden!

Aber wie geht es den Obstbäumen?

In den Baumschulen kann man im Herbst viele Bäumchen sehen und die Stämme beobachten. Die Hochstämme haben einen Stamm mit exakt 1,80 Meter Länge, koste es was es wolle! Unterhalb dieser genau messbaren Grenze sieht man Astringe von bestens verankerten und kräftigen Zweigen, die kurz vorher entfernt worden sind. Oberhalb dieser Grenze findet man, allzu oft, nur noch 2 bis 3 Schlitzäste (Zwiesel) neben dem Mitteltrieb.  Damit wird auch nur einer weiteren amtlichen Richtlinie Rechnung getragen, sonst dürfte man das Bäumchen gar nicht verkaufen. Wenn so ein Baum verpflanzt wird und diese Zwiesel als Leitäste geformt werden, so wird die Krone Jahre später auseinanderbrechen, lange bevor ein Specht seine Bruthöhle darin haben kann. Ein Höhenversatz zwischen den Verankerungsebenen der späteren Laitästen ist auch so gut wie ausgeschlossen.

Man müsste die Zwiesel gleich mit entfernen und aus den verbliebenen Resten (herabhängende Zweige, oftmals sehr dünn) mühsam und mit viel Geduld eine Krone aufbauen. Das kostet Jahre und ich möchte gerne wissen, wie viele Obstbauern sich das antun. Für einen Halbstamm, der mir die Möglichkeit zur Formierung einer vitalen Krone lässt, würde ich gerne 10 € mehr bezahlen.

Und wie geht es dem Obstbauern?

Wenn ich schon für den Pflanzschnitt - direkt nach der Pflanzung - eine Leiter benötige, dann stimmt etwas nicht. Wer wird dann den Baum jahrelang pflegen und das Obst ernten? Es steht nirgends geschrieben, dass man auf einer Streuobstwiese nur Saftsorten pflanzen soll. Ich möchte auch ein paar lagerfähige Tafelfrüchte, mit der Hand von der Leiter, ernten und nicht alle vom Baum schütteln. Das Tafelobst aus dem Supermarkt überlasse ich gerne den hochstammfavorisierenden Experten!

Die Leitäste an der Kronenbasis meiner Halbstämme wachsen bogenförmig und strebsam in die Höhe und ich komme ganz gut mit dem Mäher bis an den Stamm, ohne mir das Gesicht zu zerkratzen.

Die größere Krone

Dass Halbstämme eine viel größere Krone und somit dickere Äste ausbilden als Hochstämme, wussten die beschließenden Experten anscheinend nicht. Der Stamm ist bekanntlich ein Nadelöhr für den Saftfluss zwischen Wurzel und Krone, daher die Regel „je kürzer der Stamm – desto größer die Krone“. Da hätten die Spechte eher einen Grund zur Vorfreude. Die biologische Vielfalt auf der Streuobstwiese auch.

Je höher die Krone, desto höher die Hebelwirkung bei Wind und Sturm. Eine Stammhöhe von  1,60 Meter ist mein Richtwert. Dafür opfere ich aber keinen günstig positionierten und bestens verankerten Ast, denn eine Stammhöhe von 1,40 Meter ist in jeder Hinsicht ausreichend.

Professionelles Mähen

Ob landwirtschaftliche Maschinen auf der Streuobstwiese eingesetzt werden können, hängt nicht nur von der Stammhöhe ab! Wie tief die Äste einer Baumkrone herabhängen dürfen, haben die Mandatsträger nicht festgeschrieben. Sie sollten sich mal die traurige Realität im Gelände anschauen. Die Mähmaschinen wurden bzw. werden immer größer und schwerer. Die Bauern haben zum (ebenfalls vorgeschriebenen!) Zeitpunkt gar keine Zeit um damit die Streuobstwiesen zu mähen, meistens haben sie dann wichtigere Arbeiten zu erledigen.

Großvieh auf der Streuobstwiese

Bis man Pferde und Kühe auf einer Streuobstwiese mit jungen Bäumen weiden lassen kann, müssen Jahrzehnte vergehen oder man hat mit Schutzmaßnahmen ganz viel Arbeit. Die flüssige Ausscheidung dieser Tiere - nur ein direkter Guss in der Nähe des Stammes - würde die jungen und zarten Wurzeln schädigen. Die großen Tiere treten den Boden fest, was wieder ungünstig für die Ausbreitung der Wurzeln ist. Für Kräuter und Gräser auch. Pferde erreichen auch die Äste der Bäume mit mehr als 1,80 Meter Stammhöhe. Schafe sind da mein absolutes Größenlimit, am besten gleich kleinwüchsige Rassen.

Fazit

Die Baumschulen massakrieren die jungen Bäume!

Die Wiese braucht den Hochstamm nicht!

Ich erschwere mir damit die Arbeit!

Das Obst hängt in unerreichbarer Höhe!

Ein langer Stamm erhöht die Hebelwirkung bei Sturm!

Die großen Landmaschinen können sowieso nur Teilflächen mähen!

Die Haltung großer Tiere ist kontraproduktiv!

Also, kurzum: Wer braucht den Hochstamm?

Gegenargumente werden gerne akzeptiert.

Straßenansicht des Vereinsheims

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